Häufig wird der Nominalbetrag von Swaps als Messgröße erwähnt

Immer wieder liest man in Statistiken und sogar Geschäftsberichten vom ausstehenden Nominalbetrag aus Zinsswapgeschäften. Die dort erwähnten Zahlen sind schwindelerregend hoch. In vielen Fällen übersteigen sie sogar die Bilanzsumme. Und das nicht nur um ein wenig, sondern durchaus schon mal um ein Vielfaches.

Der Nominalbetrag allein sagt nichts über das Risiko aus

Diese Zahlen für sich sagen aber nun mal absolut nichts über das Risiko und damit die tatsächliche Derivate Exposure aus! Bei Derivaten den Nominalbetrag als Messgröße heranzuziehen, ist genau so, als wolle man den Wert eines Aktienportfolios allein an der Stückzahl der enthaltenen Aktien messen. Ein Portfolio mit 10.000 Stück Aktien könnte ein Vermögen wert sein, oder eben auch nichts. Das leuchtet jedem ein.

Bei Swaps hat der Nominalbetrag allein keinerlei Aussagekraft! Schließlich geht es bei Swaps um die Zinsen, die ausgetauscht werden. Der Nominalbetrag fließt bei Zinsswaps nicht! Wichtig sind deshalb Risikokennzahlen sowie der aktuelle Barwert.

Die Laufzeit und die Zinssätze haben viel größeren Einfluss!

Dem Laien mag ein Eonia Swaps über 10 Milliarden Euro Nominalbetrag mit einer Laufzeit von ein, zwei oder drei Tagen als unvorstellbar großes Geschäft erscheinen. Tatsächlich handelt es sich dabei risikomäßig beinahe um ein Nichts. Denn die Zinsdifferenz, die hier ausgetauscht wird, ist schon allein durch die Laufzeit entsprechend gering.

Hingegen können lang laufende Zinsswaps mit 25 oder 30 Jahren Restlaufzeit, deren Nominalbetrag zum Beispiel 10 Millionen Euro beträgt, nach einiger Zeit einen Barwert von mehreren Millionen Euro aufweisen. Bei Swaps mit langen Laufzeiten können sich die Zinsdifferenzen der beiden Seiten sehr schnell summieren, auch wenn der Nominalbetrag nicht unbedingt sehr hoch ist. Noch schneller kann es gehen, wenn wir uns strukturierte oder sogenannte exotische Swaps ansehen, die möglicherweise noch einen Hebel und Optionskomponenten enthalten. Der Nominalbetrag ist zwar wichtig, aber für sich allein hat er wenig Aussagekraft über das Risiko und den Wert der Position!

Der Nominalbetrag ist nur eine Komponente von vielen

Der Wert eines Zinsswaps hängt von vielen Dingen ab. Der Nominalbetrag ist nur eine Variable unter vielen. Die Laufzeit, die Strikes der eventuell noch enthaltenen Optionen, Caps und Floors, die Zinssätze der Swaps, die Schwankungsbreite (Volatilität) des Referenzwertes sind neben anderen Ausgestaltungsmerkmalen des Derivats weitere, wichtige Variablen.

Das Delta als Messgröße

Doch was sind die wichtigsten Risiken eines Swaps? Worauf sollte man hier stattdessen achten? Wenn wir uns einen einfachen Zinsswap ansehen (eines der häufigsten Derivate im Markt), so geht es einerseits um die möglichen Marktbewegungen, und wie sich diese auf den Wert des Swaps auswirken, sowie um das Risiko, dass der Geschäftspartner ausfällt (das Counterparty Risiko). Heutzutage sind die meisten Swaps mit Collateral besichert, was einerseits das Counterparty Risiko minimiert, andererseits aber auch die Bilanz desjenigen, der im Geschäft hinten liegt, belastet.

Das Risiko von Marktveränderungen wird mit sogenannten „Greeks“ gemessen. Am wichtigsten sind Delta und Vega. Das Delta gibt an, um wieviel sich mein Swap im Wert verändert, wenn sich der Referenzzins (z.B. der Bund oder Bobl Futures Kontrakt) verändert. Das Vega wiederum ist eine Messzahl für die Volatilität.

Bei einem Geschäft, das zum Beispiel nur zwei Tage läuft, ist das Risko, dass sich der Markt enorm bewegt, zwar vorhanden, aber sehr gering. Entsprechend wenig Delta und damit Risiko hat ein solcher Zinsswap also. Auch der Barwert wird unter normalen Umständen sehr gering sein und sich kaum bewegen.

Ganz anders verhält es sich, wenn wir einen Swap abschließen, der 30 Jahre lang laufen soll. Hier kann alles passieren. Niemand weiß, was in 30 Jahren sein wird, und desto länger ein Geschäft schon läuft, desto weiter kann sich auch der Markt bewegt haben. Lang laufende Zinsswaps, die vor mehreren Jahren abgeschlossen wurden, hatten damals auf der fixen Seite durchaus Zinssätze um die 4%. Zum Vergleich: Heute liegt der 10-Jahres-Swap Satz bei 0,55% und der 30-Jahres-Swap Satz bei 0,90%. Ein Vanilla Swap mit 4% auf der fixen Seite hat heute einen entsprechend hohen Barwert. Derjenige allerdings, der die fixen Zinsen zahlen muss, liegt auf solchen Swaps heute weit hinten, und je länger die Restlaufzeit, desto höher ist der aktuelle Rückstand und damit die Höhe der Sicherheiten, die hinterlegt werden müssen. Das Delta bei diesem Swap ist aufgrund der Restlaufzeit ebenfalls hoch.

Wichtig sind also bei Swaps nicht die Nominalbeträge, sondern der aktuelle Barwert sowie die Risikokennzahlen, die messen, wie sich das Portfolio bei Marktbewegungen verändert!