Vorzeitige Rückzahlung ist möglich

Mehrfach kündbare Anleihen, Zertifikate oder Schuldscheindarlehen geben dem Emittenten das Recht, die Anleihe während der Laufzeit zu mehreren bestimmten Zeitpunkten vorzeitig zu tilgen. Wird dieses Recht vom Emittenten ausgeübt, endet die Laufzeit des Wertpapiers oder Schuldscheindarlehens.

Ein Beispiel

Eine Anleihe hat eine Laufzeit von 10 Jahren und zahlt während der Laufzeit einen Kupon, der von der Wertentwicklung des 10-Jahres-Eur-Swap-Satzes (dem sogenannten 10-Jahres-CMS oder Constant Maturity Swap) abhängt. Im ersten Jahr beträgt der Kupon 2,5%.

Das Kündigungsrecht. Erstmals nach einem Jahr und danach jährlich hat die Emittentin das Recht, die Anleihe mit fünf Tagen Vorankündigung vorzeitig zu 100% zurückzuzahlen.

Was steckt dahinter?

Hinter einer mehrfach kündbaren Anleihe verbirgt sich eine sogenannte Bermudan Call Option. Eine Bermudan Option ist eine Mischform aus einer amerikanischen und europäischen Option. Sie gibt dem Käufer (Bermudan Call Option Long Position) das Recht, die Option an mehreren, zuvor festgelegten Zeitpunkten auszuüben. Der Strike (Ausübungspreis) ist dabei wie üblich im Vorhinein festgelegt.

Allerdings sind Bermudan Optionen sehr komplex zu bewerten. Denn sie sind sogenannte pfadabhängige Optionen. Das erste Kündigungsrecht ist noch einfach zu berechnen, doch danach wird es kompliziert. Denn nur, wenn das erste Kündigungsrecht nicht ausgeübt wurde, haben auch das zweite und alle weiteren Kündigungsrechte einen Wert. Wird das Kündigungsrecht allerdings bereits zum ersten Termin ausgeübt, erlöschen alle nachfolgenden Kündigungsrechte automatisch. Die später folgenden Rechte hängen also von den ihnen voran gehenden Optionen ab.

Wann wird das Kündigungsrecht ausgeübt?

In unserem Beispiel ist der Ausübungspreis der Call Option 2,5%, also unser Kupon. Bei einer einfach kündbaren Anleihe wäre der Fall klar. Die Option wird ausgeübt, sobald sie am Ausübungstag „in-the-money“ (im Geld) ist. Das wäre der Fall, wenn das Zinsniveau für unsere Anleihe entsprechend gesunken wäre und die Emittentin eine neue Anleihe mit einer entsprechenden Restlaufzeit für weniger als die 2,5% auflegen könnte. Bei einer Bermudan Option ist die Sache allerdings nicht ganz so einfach. Hier kommt es auf den Wert der gesamten, pfadabhängigen Kette an Einzeloptionen an. Im Grunde verhält es sich aber sehr ähnlich zu Einzeloptionen. Ist das Zinsniveau gesunken, wird die Anleihe mit hoher Wahrscheinlichkeit vorzeitig gekündigt.

Was spricht für mehrfach kündbare Anleihen?

Der Käufer einer mehrfach kündbaren Anleihe räumt dem Emittenten Kündigungsrechte ein. Diese sind nichts anderes als Optionen, die der Anleihekäufer an den Emittenten verkauft. Dafür bezahlt der Emittent eine Optionsprämie. Da hier gleich eine ganze Kette an Optionen verkauft wird, ist die Prämie entsprechend hoch. Je mehr Kündigungsrechte, desto höher fällt die Prämie aus.

Wie üblich bei Anleihen, wird die Optionsprämie den Optionsverkäufer (also dem Anleiheinvestor) nicht zu Beginn der Laufzeit ausbezahlt, sondern laufend in Form eines höheren Kupons.

Der Kupon, der durch die Optionsprämie höher ist als er es ohne Kündigungsrechte wäre, entschädigt den Investor für die Unsicherheit in der Laufzeit und damit sein Wiederanlagerisiko.