Seit den 1970er Jahren gibt es das von Robert Merton, Myron Scholes und Fischer Black entwickelte Modell zur Optionspreisbewertung bereits, und noch immer wird es auch in der Praxis verwendet, um den Wert von Optionen zu berechnen. Das Modell hat seither immer wieder Veränderungen erfahren, ist aber in seiner Grundgestaltung mehr oder weniger gleich geblieben. Das Modell der drei Wissenschaftler erwies sich sogar als so erfolgreich, dass Merton und Scholes dafür 1997 den Wirtschaftsnobelpreis erhielten. Black war 1995 verstorben. Das Modell heißt zwar korrekt Black-Scholes-Merton Modell, in der Praxis wird Merton allerdings nicht mehr erwähnt und der Einfachheit halber bezeichnen heute beinahe alle Lehrbücher, Praktiker und Akademiker das Modell als das Black-Scholes-Modell.

Das Black Scholes Modell agiert im Grund sehr ähnlich zum uns bereits bekannten Binomialbaummodell. Allerdings werden hier die Zeitabschnitte in eine schier unendliche Zahl an Subabschnitten geteilt. Die Abschnitte sind so klein, dass sie ineinander verschmelzen. So entwickelt sich ein zeitkontinuierliches System (Engl. continuous-time model). Das Black Scholes Modell ist das zeitkontinuierliche Modell des Binomialmodells.

 

Grundannahmen im Black Scholes Modell

• Die Option ist europäischen Stils.

• Es gibt keine Dividenden oder sonstigen Cashflows während der Laufzeit.

• Es gibt keine Transaktionskosten.

• Normalverteilung: Die Erträge der Basiswerte sind normalverteilt.

• Der risikolose Zins ist bekannt und über die Laufzeit der Option hinweg konstant.

• Die Volatilität (Schwankungsbreite des Preises) des Basiswertes ist bekannt und über die Laufzeit der Option hinweg konstant.

Exkurs zur stetigen Verzinsung (Engl. continuous compounding), dem Logarithmus und dem natürlichen Logarithmus

Nehmen Sie an, ein Wertpapier ist heute 10 Euro wert. Nach einem Jahr ist der Wert des Wertpapiers auf 11 Euro gestiegen, also um 10%. Wird diese Wertsteigerung, also dieser Ertrag, allerdings auf kontinuierlicher Basis verzinst, so berechnet man diese Rendite mit dem natürlichen Logarithmus. Dieser natürliche Logarithmus wird in der Mathematik mit ln bezeichnet. In unserem Beispiel wäre die Rendite ln(1,10)=0,0953 was 9,53% entspricht. Sind diese kontinuierlich verzinsten Erträge normalverteilt, spricht man von lognormal verteilten Renditen. Das Black Scholes Modell arbeitet mit eben diesen lognormalen Verteilungen!

 

Black-Scholes-Merton Optionspreisformel

Wert der Call Option: \( c=S_{0}*N(d_{1})-Ke^{-r^{c}T}N(d_{2}) \)

Wert der Put Option: \( p=Ke^{-r^{c}T}\left[1-N(d_{2})\right]-S_{0}\left[1-N(d_{1})\right] \)

wobei \( d_{1}=\frac{ln(S_{0}/K)+\left[r^{c}+(\sigma^{2}/2)\right]T}{\sigma\sqrt{T}} \)
und \( d_{2}=d_{1}-\sigma\sqrt{T} \)

\( S_{0} \) ist dabei der Preis des Basisertes zum Zeitpunkt \( T_{0} \)

c ist der Preis des Calls

p ist der Preis des Puts

X ist der Strike der Option

\( r^{c} \) ist der auf kontinuierlicher Basis verzinste risikolose Zinssatz

T ist die Zeitspanne bis zum Verfall der Option, dargestellt in Teilen eines Jahres (z.B. 1 Monat = 1/12, 1 Tag = 1/365, ect.)

σ (“Sigma”) ist die Volatilität, also die annualisierte Standardabweichung der Erträge des Basiswertes

\( σ^{2} \) ist die Varianz der Erträge im Basiswert

ln ist der natürliche Logarithmus

e ist die Eulersche Zahl (e ist die Basis des natürlichen Logarithmus und ist eine unendliche Zahl, gerundet ist sie 2,71828)

N(d) ist der Flächeninhalt unter der normalverteilten Kurve. Der Wert von N(d) ist in Tabellen zur Standardnormalverteilung zu finden. Die Tabelle finden Sie in jedem Lehrbuch für Statistik, in jeder Optionssoftware oder auf Wikipedia unter “Tabelle Standardnormalverteilung”.

Wie bereits aus der Formel selbst ersichtlich, benötigen wir folgende Variablen für die Berechnung unserer Optionspreise:

• Den Preis des Basiswertes

• Den Strike Preis

• Die Laufzeit bis zur Ausübung unserer Option

• Den risikolosen Zinssatz

• Die Volatilität (Standardabweichung) des Basiswertes

Diese werden mit den sogenannten “Greeks” abgekürzt.

Informationsquellen für die Variablen

Woher aber nehmen wir nun die Werte für die einzelnen Variablen? Am einfachsten haben es alle, die direkt Zugriff auf ein Informationssystem wie Reuters oder Bloomberg haben. Da diese Systeme aber ausgesprochen teuer sind, trifft das nicht auf jeden zu.

Eine weitere, meist öffentlich zugängliche Quelle sind Wertpapier- und Terminmarktbörsen. Die meisten Börsen veröffentlichen zeitverzögerte Daten auf ihren Webseiten. Echtzeit-Daten hingegen verkaufen sie selbst an Reuters, Bloomberg und Co. Für eine reine Übung, eine ungefähre Bewertung sowie eine nachträgliche Preisüberprüfung reichen zeitverzögerte Daten (meist sind es 15 Minuten, manche Börse geben ihre Daten aber auch erst einen Tag verzögert preis). Um in größerem Stil zu handeln sind zeitverzögerte Daten allerdings nicht mehr ideal.

An der Börse findet man stets den Kurs des Basiswertes, den Sie als wichtige Variable unbedingt benötigen.

Werden auf Ihren Basiswert bereits Optionen an Terminbörsen gehandelt, dann können Sie dort die implizite Volatilität der Optionen einsehen. Verwenden Sie dann diese Volatilität, denn sie gibt an, wie professionelle Market-Maker großer Investmentbanken die Schwankungsbreite im Kurs des Basiswertes für genau diese Option sehen. Implizit heißt diese Volatilität deshalb, weil sie nirgendwo direkt abgelesen werden kann, sondern nur aus gehandelten Optionen „rückgerechnet“ wird.

Die implizite Volatilität ändert sich – wie auch die historische Volatilität des Basiswertes – laufend. Bei jeder Aktualisierung Ihres Preises müssen Sie die Volatilität ebenfalls anpassen.

Werden auf Ihren Basiswert keine Optionen im Finanzmarkt gehandelt, müssen Sie selbst Annahmen für die Volatilität treffen. Als Anknüpfungspunkt dient Ihnen die historische Volatilität im Basiswert, die Sie anhand von Zeitreihen der Kursdaten entweder selbst berechnen können, oder, wenn Sie Glück haben, bereits von der Börse für Sie berechnet wurde. Achten Sie aber darauf, einen vernünftigen Zeitraum zu wählen! Danach  müssen Sie noch Anpassungen vornehmen, die Ihre Erwartungen für die Zukunft (also die Laufzeit Ihrer Option) widerspiegeln. Das klingt einfacher als es tatsächlich ist, denn die Zukunft kennt niemand, und Sie werden deshalb auch laufend adjustieren müssen.

Die Datenquelle für den risikolosen Zinssatz ist dagegen relativ einfach. Die Renditen von Staatsanleihen bester Bonität (z.B. Deutsche Bundesanleihen, Amerikanische Treasury Bills) sind vielfach im Internet abrufbar, und können als gute Annäherungen risikoloser Zinssätze verwendet werden.